Wie ich zur Bildmanipulation stehe
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Meine Philosophie zur Bildmanipulation kurz und bündig. Mehrfach bin ich schon auf die Erwartung vieler eingegangen, eine Fotografie habe nichts anderes als die Wahrheit zu zeigen. Nun kommt plötzlich die künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel… Nutze ich sie?
Ja, natürlich nutze ich KI! In meinen neueren Bildern auch immer häufiger! Doch der Reihe nach!
Integrität von Fotografien
Nur in einigen Disziplinen der Fotografie ist Authentizität nicht nur wichtig, sondern zwingend! Denken wir zum Beispiel an die Polizeifotografen. Die haben den allerwenigsten Spielraum bei irgendwelchen Eingriffen in das Bild. Was natürlich selbstverständlich ist. Schließlich darf man nicht irgendwelche Tatspuren in ein Bild raus- oder reinretuschieren. Das versteht sich von selbst! Das gilt so im Grunde für die gesamte dokumentarische Fotografie. Also auch für den Journalismus. Selbst Änderungen in der Helligkeit oder dem Kontrast können da schon mal übel aufstoßen!
Dokumentarische Fotografie vs. Fineart
Aber nicht in meiner privaten Fotografie. Ich dokumentiere nicht, sondern versuche ein „Betrachtungserlebnis“ zu vermitteln. „Fineartphotography“ nennt sich diese Disziplin. Sie will nicht dokumentieren, auch keine Botschaften vermitteln. Jedenfalls nicht primär! Sie will gefallen! Ähnlich wie bei einem Koch, der ein Geschmackserlebnis vermittelt. Wobei die Geschmäcker natürlich verschieden sind. Und entsprechend variiert auch der Koch seine Zutaten bzw. bereitet das eine Steak „well done“, dass andere aber „medium“, „raw“ oder sogar „medium raw“ zu. Je nachdem.
Entsprechend „koche“ ich meine Bilder zurecht.
Integrität des Hauptmotivs
Mir kommt es sehr darauf an, die Integrität des Hauptmotivs weitestgehend unberührt zu lassen (ganz geht es nie, da sie wie gesagt bereits bei der Aufnahme angetastet wird). Ich will das Motiv zeigen, wie ich es wahrnehme. Nicht anders. Das ist aber nun mal sehr subjektiv. „Aufräumarbeiten“ nehme ich durchaus vor. Auf dem Boden liegende Zigarettenkippen verschwinden, wenn sie mich stören. Ebenso Graffitis, sofern es sich um strafbare Zeichen handelt, und ich dies auch erkenne.
Sofern bei Streetmotiven Menschen identifizierbar abgebildet sind, greife ich natürlich auch da ein. Dank KI ist schnell mal eine Sonnenbrille oder ein Hut aufgesetzt und tief ins Gesicht gezogen. Oder Gesicht, Haare und oder Figur komplett verändert, so dass die ursprüngliche Persönlichkeit nicht mehr identifizierbar ist.
Grenzen meiner Bildbearbeitung
Doch wie weit treibe ich es mit Veränderungen bzw. dem Einsatz von KI?
Zunächst einmal retuschiere ich alle Fehler weg, also Sensorstaub, Blendenflecken und auch geometrische Auffälligkeiten, die dadurch entstehen, dass der dreidimensionale Raum der Natur auf das zweidimensionale Medium des Fotos gepresst wird.
Auch tausche ich den Himmel mitunter aus oder füge einzelne Wolken hinzu.
Manchmal taucht am Bildrand ein unerwünschtes Objekt auf. Ein Auto zum Beispiel oder der Arm eines Fußgängers. Sowas kommt dann weg.
Genauso ist das Hinzufügen von Objekten mittlerweile sehr gut und einfach möglich. Sofern ich es aus kompositorischen Gründen für gut erachte, füge ich auch solche hinzu, so zum Beispiel Vögel oder auch mal einen Traktor im Hintergrund auf einem Feld. So zum Beispiel in dem folgenden Bild.
Der Traktor war während der Aufnahme nicht vor Ort. Wer die Originalaufnahme sehen möchte (bzw. die bereits aus drei Einzelaufnahmen zusammengefügte Panoramaufnahme), verschiebe bitte den Vorhang ganz nach rechts. Dort, wo der Traktor eingefügt ist, war zuvor gähnende Leere, wodurch das Bild kippt. Dass heißt in er linken Bildhälfte sind zu viele Elemente (Haltestelenschild, Mülleimer, weiße Markierung), während rechts des Haltestellenstandes nichts im Bild zu sehen ist, außer farbiger Flächen. Den Trecker samt Arbeitsgerät hat mir die KI nach Eingabe entsprechenden Befehlstextes generiert und eingefügt. Sicherlich kann man darüber streiten, ob es Sinn macht, mit einem derartig gerüsteten Trecker über ein gemähtes Feld zu fahren. Aus bildnerischen Gründen macht der Trecker an genau jener Stelle jedoch viel Sinn.
Um es auf den Punkt zu bringen: Alles, was zufällig zum Zeitpunkt der Aufnahme vor Ort vorhanden ist (oder eben auch nicht) retuschiere ich raus oder rein, wie es mir gefällt. Schließlich ließe sich eine solche Situation auch durch den Fotografen steuern: Für das richtige Licht oder die entsprechenden Wolken könnte ich warten oder ein anderes Mal wiederkommen. Bezüglich des Treckers könnte ich einen Bauern bitten, mal entsprechend durchs Bild zu fahren. Das wird bei größeren fotografischen Projekten ja auch „in Echt so gemacht“. Selbstverständlich werden da Statisten angeheuert, Beleuchter oder Maskenbildner. Und auch das Gruppenfoto einer Hochzeitsgesellschaft, bei dem alle gleichzeitig in die Kamera lächeln ist immer, aber auch wirklich immer eine arrangierte Realität. Nichts zufälliges. Warum auch sollten sich plötzlich 50 oder 100 Personen in mehreren Reihen nebeneinander stellen und alle in die selbe Richtung lächeln. Sowas passiert nie zufällig.
Spezialfall Portraitaufnahmen
Portraits sind ein gewisser Spezialfall. Natürlich sollen sie gefallen, ganz klar. Andererseits aber auch dokumentieren: nämlich die Persönlichkeit des Portraitierten. Deshalb ist die Bildbearbeitung hier so eine Sache. Natürlich muss jedes Bild bearbeitet werden, zwingend. Wer glaubt, seine Fotos seien unbearbeitet, der irrt. Denn wer sie nicht selbst mit einem Bearbeitungsprogramm bearbeitet, übernimmt die automatische Bearbeitung der Kamera, des Betrachtungsprogramms oder den Einstellungen des Druckertreibers. Andernfalls könnte man das Bild nun mal gar nicht sehen. Jede, aber auch wirklich jede jpeg-Datei ist schließlich eine bearbeitete Fassung der von der Kamera aufgezeichneten Daten. Die Originaldaten einer Aufnahme bewegen sich ungefähr zwischen 20 und 60 MB, je nach Pixelzahl des Sensors. Die daraus extrahierte jpeg-Datei, welche man letztlich betrachtet oder ausdruckt, jedoch „nur“ noch 2 bis 6 MB, also ein Zehntel davon.
Doch zurück zum Porträt: Alles was die Kamera bzw. die Programme sowieso automatisch machen würden, weil sie es irgendwie machen müssen, nämlich Festlegung von Helligkeit, Kontrast, Sättigung und Schärfe, erlaube ich mir selbstverständlich auch. Ebenso erlaube ich mir solche Ergebnisse per Bildbearbeitung herbeizuführen, die ich als Fotograf auch während der Aufnahme hätte herbeiführen können, ohne das dies von den Portraitierten als „anstößig“ empfunden worden wäre. Also z.B. das virtuelle Hinzufügen von Licht oder das Abpudern der Haut, um Glanzstellen zu vermeiden. Keinesfalls jedoch das komplette Entfernen von Falten, Tätowierungen oder getragenem Schmuck. Deren Abschwächen hingegen schon, denn dies wäre auch durch geschickte Lichtsetzung erreichbar. Ebenso das Abschwächen von Augenringen, wobei dieses Abschwächen natürlich immer soweit gehen kann, dass man wirklich (fast) nichts mehr davon sieht.
Ebenso kein „Schlankermachen“, sofern dieses auf einer Veränderung der Figur z.B. mit dem Verflüssigen-Werkzeug in Photoshop beruht. Da ein ähnlicher Effekt mitunter jedoch auch durch geschickte Lichtsetzung während der Aufnahme erreichbar ist, führe ich ein solches „Schlankermachen“ per Lichtbearbeitung sehr wohl durch. „Dodge and Burn“ nennt sich die Methode und wird auch seit Jahrzehnten von Fotografen weltweit praktiziert und nicht als unzulässige Manipulation erachtet.
Keinerlei Probleme habe ich damit, die Hintergründe von Portraitaufnahmen nach Belieben auszutauschen, denn das könnte ich auch während der Aufnahme im Studio erreichen. Entweder durch Nutzung unterschiedlicher Farbfolien oder aber auch irgendwelcher Fototapeten mit irgendeiner Skyline. Warum sollte ich sowas nicht pr Photoshop kreieren sollen? Das geht schließlich wesentlich effizienter! Denn ein Fotostudio wird so überflüssig.
Meine jüngste Tochter sieht dies jedoch anders. Ich habe ein Portrait von ihr mal vor die Elbphilharmonie und gefragt, wie es geworden sei. „Geht“ erhielt ich als Antwort, und auf Nachfrage die Erklärung: „Ich war da ja gar nicht“!
Beispiel Beitragsbild vom alten Elbtunnel in Hamburg
Das Titelbild dieses Beitrages zeigt den alten Elbtunnel in Hamburg als Schwarzweißaufnahme. Das Originalbild, so wie es aus der Kamera kam und nach dem Import in Lightroom zu sehen war, habe ich stark bearbeitet. Es sieht nämlich so aus:
Ziemlich trostlos, die Rohaufnahme. Wer allerdings möchte, kann sich so ein Aufnahme gerne an die Wand hängen. Ich jedoch nicht.
Wie man leicht erkennt, habe ich verschiedene Änderungen durch die Bildbearbeitung vorgenommen, wobei KI bei dieser Bearbeitung nicht zum Einsatz kam. Denn als ich das Bild vor zwei Jahren schoss und kurz darauf bearbeitete, war die KI in Photoshop noch nicht so weit implementiert, wie es heute der Fall ist.
Folgende wesentliche Bildmanipulationen habe ich vorgenommen:
- Bereits beim Import des Bildes in Lightroom erfolgte eine Korrektur sogenannter Objektivfehler
- Die Ausrichtung der Aufnahme habe ich korrigiert
- Das Licht im zweiten Fahrstuhlschacht von links habe ich „repariert“
- Mittels unterschiedlicher Dodge-&-Burn-Techniken habe ich viel Bereiche aufgehellt und abgedunkelt, so dass eine gleichmäßige Lichtsituation entsteht
- Den Bildausschnitt habe ich auf die vier Fahrstuhlschächte begrenzt
- Das Bldformat habe ich von 3:2 auf 16:9 verändert
- Es erfolgte eine Umwandlung von Farbe zu schwarzweiß
- Ich habe eine Textur über das Bild gelegt, die an alte Glasplatten-Fotografien erinnert
- Zu guter Letzt erfolgte eine Rahmung für die Internetpräsentierung hier auf der Seite, allerdings auch bei der Originalaufnahme.