Mein Test von Excire. Ich habe beide Versionen (Plugin und Vollversion) probiert.
Nach Anschaffung meines neuen MacBooks bin ich im Moment stark damit beschäftigt, den Rechner einzurichten und dabei auch gleichzeitig die Gelegenheit zu nutzen, meinen Workflow sowie die Datenstruktur sowohl auf dem Rechner als auch innerhalb von Lightroom, meinem Programm für die Bilderverwaltung, zu optimieren.
Eine wichtige Frage dabei ist natürlich: Wo wird die Reise hingehen? Wie wird sich die Bildbearbeitung entwickeln? Die Trends zur künstlichen Intelligenz und die Bearbeitung in Clouds sind unverkennbar.
Ärgernis Stichwortverwaltung
Was mir schon immer ein Dorn im Auge war: Die Stichwortverwaltung! Sie ist zwar ein lästiges Übel, dafür aber ein sehr wichtiges Instrument, will man den Überblick behalten. Mein digitales Bildarchiv ist mittlerweile auf gut 100.000 Bilder angewachsen. Stichwörter habe ich nicht immer konsequent vergeben, so dass viele, eigentlich viel zu viele Bilder ohne Stichwörter im Archiv schlummerten.
Hinzu kommt, dass sich natürlich im Laufe der Zeit meine Ansprüche an die Stichwortvergabe geändert haben. Manche Stichwörter benötige ich kaum, weil ich zum Beispiel nicht nach ihnen suche, andere habe ich erst kürzlich hinzugefügt, weil ich künftig nach ihnen suchen möchte. So halte ich es zum Beispiel seit ein paar Monaten für eine gute Sache, auch nach Farben suchen zu können, um Bilder für Zusammenstellungen leichter auffinden zu können. Folglich enthalten nur meine neusten Fotos Angaben zu den dominierenden Farben (eigentlich auch nur die wenigsten der neusten).
Lösung: Automatische Stichwortverwaltung
Nun ist mir das Program Excire über den Weg gelaufen, ein Programm, welches dank künstlicher Intelligenz in der Lage ist, Stichwörter automatisch zu vergeben. Das klang so vielversprechend, das ich mir sofort die Testversion des Programms runter lud und auf dem MacBook installierte. Da ich noch meinen alten MacMini in Betrieb habe und ich erst im letzten Jahr ein neue Lightroom-Katalog angelegt habe (der erste war mit 80.001 Fotos zu groß geworden), lud ich mir auch gleich die Testversion von Exire Search auf den MacMini und installierte dort jene Version.
Excire Foto vs Excire Search
Excire Search ist ein Plugin für das Programm Lightroom, d.h. es lässt sich auch nur mit diesem verwenden. Bei der Installation bindet es sich automatisch in LR ein und ist im Menü unter den Zusatzmodulen zu finden.
Als eigenständiges Programm hingegen ist Excire Foto konzipiert. Es lässt sich nicht in LR einbinden. Es läuft mit eigenem Katalog und eigenen Vorschaubildern. Allerdings kann man die Bilder samt ihrer Stichwörter an LR übergeben (oder welches Program auch immer).
Test des Programms
Nach der Installation startet man Lightroom ganz normal und muss dort das Plugin zunächst einmal freischalten. Danach beginnt man mit der Initialisierung der Bilder, d.h. Excire muss sich jedes einzelne Bild ansehen und analysieren. Dies dauert! Das Handbuch besagt, dass auf „einem gängigen Rechner“ (was auch immer das für einer sein mag) ein Zeitansatz von einer Stunde für 10.000 Bilder anzusetzen sei. Für meine 80.000 Bilder (genau sind es 80.001) brauchte mein MacMini (Ende 2014) gut 15 Stunden. Er lief über Nacht durch und brauchte bis zum folgenden Nachmittag. Ich hatte das Programm allerdings auch so konfiguriert, dass es nicht sämtliche Rechnerkapazitäten ausnutzt. Es ginge also auch etwas schneller. Allerdings ist es zum Glück ja auch so, dass man derart große Bildbestände nur selten in einem Rutsch initialisiert. Im Alltag werden es vielleicht ein paar Hundert auf einmal sein. Und das geht flotter.
Steuerung über die Menüleiste
Gesteuert wird das Plugin ausschließlich über die Menüleiste, und zwar über den Reiter Bibliothek/Zusatzmodul. Dort ist dann zu wählen, nach welchen Kriterien die Bilder ausgewählt werden sollen. Ich verwendete zunächst mal die Suche nach Stichworten. Unter diesem Menüpunkt verbirgt sich auch die Suche nach dominanten Farben im Bild.
Automatische Erkennung des Motivs
Irgendwo im Internet habe ich gelesen, dass das Programm 500 Motive erkennen kann. Bestätigen kann ich, dass das Programm viele Motive zu kennen scheint, sehr viele sogar. Fast schon zu viele. Um eins an dieser Stelle vorwegzunehmen: Das Programm scheint zwar viele unterschiedliche Motive zu kennen, ob es diese im Einzelfall aber auch richtig erkennt, ist eine andere Sache.
Darüber, wie verlässlich Excire die Dinge analysiert, kann ich schwer eine Aussage treffen und es hängt wohl stark von Motiv und Stichwort ab, also ob es eher ein allgemeiner Oberbegriff ist oder eine sehr spezielle Bezeichnung. Als Segler habe ich natürlich viele Bilder von der Segelei im Archiv. Also gibt es viele Bilder mit Segelmasten und Takelage. Diese hat Excire zum großen Teil (auch) als Hochspannungsmasten interpretiert, so dass ich mit einer Suche nach Hochspannungsmasten zumindest in meinem Archiv für eine effiziente Suche zu viele Fehltreffer hätte.
Küste vom Festland, oder Insel?
Bemerkenswert ist auch die Differenzierung zwischen „Gewässer“, „Ozean“, „See“ und „Fluss“. Woher will der Algorithmus wissen, wozu die Wasserfläche gehört, die er sieht? Die Queen Mary auf der Elbe im Hamburger Hafen hat er mir jedenfalls als „Ozean“ angeboten (allerdings auch als „Schiff“ oder „Reise“). Ich war auch überrascht, wie viele Heißluftballons Excire in meinem Bestand vermutete. Also lies ich mir diese anzeigen: Es waren allesamt Spinnaker-Segel von vorne. Und die sehen nun mal aus, wie Heißluftballons.
Ähnliche Probleme gibt es auch bei manchen Begriffen im Tierreich. „Tiere“ erkennt das Programm gut. „Vögel“ und „Haustiere“ auch. Ebenso „Elefanten“, „Bären“ und „Eisbären“. Aber bei „Pferd“ und „Esel“ wird es dann schon schwierig in der Unterscheidung. Und als „Hochzeit“ geht auch eine festlich gekleidete Konfirmandengruppe durch: Das Programm scheint nach festlicher Kleidung, also Kleidern, Anzügen und Krawatten in einer bestimmten Farbkombination zu suchen.
Das Programm scheint auch einzelne Bauwerke zu kennen. So erspähte es in meinem Bilderbestand die Golden Gate Bridge. Die habe ich allerdings noch nie fotografiert. Bei der Brücke handelt es sich tatsächlich um die Autobahnbrücke über den Kleinen Belt bei Middelfart in Dänemark. Aber trotzdem: Nicht schlecht! Hätte schließlich auch die Golden Gate Bridge sein können.
Mit den Fehltreffern kann ich größtenteils leben. Ich habe es nur in Ausnahmefällen erlebt, dass eine Suche unbrauchbar war, weil zu viele Fehltreffer vorhanden waren. Eigentlich nur bei den „Hochspannungsmasten“ und der Suche nach einer „Insel“. Excire bezeichnet offenbar eine Küstenlinie, auch die des Festlandes, als „Insel“. Ich möchte aber auch einschränken, dass ich keine systematische Auswertung betrieben habe, sondern hier alleine meinen Eindruck beschreibe.
Nur „Und“-Verknüpfungen in der Suche
Was ich auch nicht gefunden habe, ist eine „oder“-Verknüpfung von Suchbegriffen. Man kann nicht nach „Gewässer“ oder „See“ suchen, sondern nur nach „Gewässer“ UND „See“. Ein Treffer müsste also beide Begriffe enthalten. Dies lässt sich aber leicht umgehen, indem man aus den Ergebnissen der ersten Suche eine neue Sammlung erstellt, danach einen neuen Suchlauf mit dem neuen Begriff startet und jenes Ergebnis auch in die zuvor erstellte Sammlung verschiebt. Da Lightroom kein Bild zweimal in eine Sammlung übernimmt, beinhaltet diese nun alle Bilder, die einer „oder“-Verknüpfung entsprechen.
Das soll es dann aber auch schon alles mit der Meckerei gewesen sein. Insgesamt betrachtet habe ich den Eindruck, dass Exire ein sehr brauchbares Verschlagwortungsprogramm ist. Die Bilder, die es als Suchergebnis anbietet haben durchweg einen einheitlichen Charakter, auch wenn mal mehr (Hochspannungsmasten und Inseln) oder weniger Fehler dabei sind. Bei vielen Fehltreffern kann man erkennen, warum die Treffer unter den Ergebnissen sind und lernt dadurch etwas über die „Denkweise“ des Programms.
Ich jedenfalls bin mit dem Programm sehr zufrieden. Es macht regelrecht Spaß, damit in seinem eigenen Archiv zu recherchieren und Bilder zutage zu fördern, die man ansonsten nie mehr angeschaut hätte. Eine gute Inspirationsquelle für Ideen, wie man seine alten Bilder auf neue Weise zusammenstellen könnte. Und wenn ich bedenke, wieviel Zeit ich hätte aufwenden müssen, um alle Bilder per Hand zu verschlagworten, dann fällt der Preis dafür nicht ins Gewicht. Ich hätte Monate dafür gebraucht, wenn nicht Jahre. Denn der größte Teil meines Archivs war nicht verschlagwortet. Das ist nun Geschichte.
Test von Exire Foto
Auf meinem Notebook (mit SSD-Festplatte) habe ich die „Vollversion“ des Programms getestet. Zunächst als Testversion. Als aber fest stand, dass ich das Programm kaufen würde, erwarb ich eine Lizenz kurz vor Ablauf einer Preisaktion. Für das einlesen, registrieren und analysieren von 572 Fotos benötigte das Programm 3,5 Minuten, ist also recht flott. Die Oberflächenstruktur des Programms erinnert an Lightroom, so dass ich sofort mit dem Programm loslegen konnte. Nach der Analyse und Stichwortvergabe durch das Programm lassen sich die gefundenen Stichwörter speichern. Dazu speichert das Programm im selben Ordner Filialdateien im xmp-Format. Und zwar im gleichen Ordner, in dem auch die Bilder liegen. Liegen die zu bearbeitenden Fotos in verschiedenen Ordnern, werden auch die dazugehörigen xmp-Dateien in verschiedenen Ordnern gespeichert.
Lightroom liest diese Filialdateien automatisch mit ein und die von Excire vergebenen Stichwörter erscheinen zusätzlich in der Stichwortleiste von Lightroom. Allerdings werden diese nicht automatisch in eine gegebenenfalls vorhandene Stichwortstruktur eingeordnet, sondern erscheinen auf oberster Ebene neu in Lightroom. Damit hat man das gleiche Stichwort unter Umständen zweimal, sofern das gleiche beim Import bereits in Lightroom in einer Stichwortstruktur existierte. Da ich mir das Programm letztlich für nur 47,- Euro gekauft habe, werde ich mir was zum künftigen Umgang mit den Stichwörtern ausdenken müssen.