Sonnenaufgang am Neuengammer Sammelgraben.

Sunny-16-Regel in der Praxis – Ursprung, Bedeutung und Anwendung

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Sonnenaufgang am Neuengammer Sammelgraben.
Sonnenaufgang am Neuengammer Sammelgraben.

Sunny-16-Regel in der Praxis – Ursprung, Bedeutung und Anwendung

Die Sunny-16-Regel gehört zu den bekanntesten Grundregeln der Fotografie. Sie hilft Fotografen dabei, auch ohne Belichtungsmesser oder Kameraautomatik die richtige Belichtung zu bestimmen. Gerade in Zeiten von Analogkameras war sie unverzichtbar – und auch heute noch ist sie ein wertvolles Werkzeug, um Licht zu verstehen und bewusster zu fotografieren.

In diesem Artikel erfährst du, was sie beschreibt und wie du die Sunny-16-Regel in der Praxis anwendest – sowohl digital als auch analog.


Wer hat die Sunny-16-Regel entwickelt?

Die Sunny-16-Regel geht nicht auf eine einzelne Person zurück.

Sie wurde in der Mitte des 20. Jahrhunderts als Faustregel unter Fotografen etabliert – vor allem in der analogen Zeit, bevor Kameras automatische Belichtungsmesser hatten.

Fotografen, Zeitschriften und Kamerahersteller verbreiteten die Regel, bis sie zu einer allgemein anerkannten Standardempfehlung wurde.

Die Regel ist also ein kollektives Wissen vieler Fotografengenerationen.


Ohne Belichtungsmesser mit der Sunny-16-Regel-Tabelle arbeiten

Automatiken in Kameras sind natürlich eine feine Sache. Ich benutze sie auch, manche öfters, manche manchmal und manche nie, aber auch wirklich nie. Die diversen Motivprogramme zum Beispiel nutze ich nie. Auch nicht die Programmautomatik. Entweder Zeit- oder Blendenautomatik. Oder eben manuelle Einstellungen mit Hilfe der Sunny-16-Regel.

Ich denke, diese Regel ist ein hervorragendes Mittel, um sich als Fotograf allmählich von den Fesseln der Kameraautomatiken zu lösen (von den diversen Motivprogrammen sowieso). Denn die diversen Belichtungsautomatiken bewirken im Grunde zweierlei: Erstens nehmen sie dem Fotografen die wichtigen fotografischen Entscheidungen aus der Hand (warum sollte ich mir das gefallen lassen, schließlich bin ich doch derjenige, der fotografieren will), und zweitens gaukeln sie dem Fotografen völlig zu Unrecht vor, richtige Belichtung sei etwas sehr Kompliziertes, ein nur mit Computern erreichbarer Vorgang. Damit wird der Fotograf aber nur so gute Fotos machen können, wie es die Programmierer der Kamerasoftware zulassen. Und weiterentwickeln wird er sich auch nicht, da er nicht an den Unzulänglichkeiten der Belichtungsautomatiken vorbeikommt.

Kaum eine Lebenssituation ohne Merksätze

Also: Her mit der Sunny-16-Regel und Kamera in den manuellen Betrieb! Ab jetzt wird fotografiert! Wer diese Regel beherrscht, möge gerne wieder eine Automatik in der Kamera anwählen, aber wohl nur Zeit- oder Blendenautomatik. Nie die Programmautomatik, und noch seltener die Motivprogramme!!! Wer  möge, sehe sich mal eine (gebrauchte) Profikamera im Geschäft an. Je teurer die Kameras werden, je mehr Automatiken verschwinden. Die Motivprogramme als allererstes. So war das zumindest in verganenen Zeiten. Heute haben natürlich fast alle Kameras alles mögliche an Bord.

Die Sonne lacht, nimm Blende 8!

Wer hat diesen Merksatz nicht schon mal irgendwo gehört? Diese Eselsbrücke sollte man aber lieber nicht wählen. Warum? Nun, sie sagt nichts über Belichtungszeit und Filmempfindlichkeit aus. Diese gehören aber nun mal zwingend zum Belichtungsdreieck dazu! Mein Eindruck ist, dass diese „Blende-8-Regel“ aus einer Zeit stammt, als die Filme noch nicht so lichtempfindlich waren, wie heute bzw. seit den 60iger oder 70iger Jahren.

Die Sunny-16-Regel hingegen berücksichtigt alle drei Werte des Belichtungsdreiecks. Doch wie funktioniert sie denn nun?


Was beschreibt die Sunny-16-Regel?

Die Sunny-16-Regel besagt:

Bei direktem Sonnenlicht ist die korrekte Belichtung: Blende f/16 und Verschlusszeit = 1/ISO.

Beispiel:

ISO 100 → Verschlusszeit 1/100 s bei f/16

Damit erhältst du eine gut balancierte Belichtung für typische Sonnensituationen: klare Schatten, kräftige Lichter, blauer Himmel.

Die Regel ist aber flexibler, als viele denken:

Sie dient als Ausgangspunkt, von dem aus man Belichtungssituationen ableiten kann. Natürlich kann man auch mit Blende 11 fotografieren. wer aber an einer Schraube dreht, muss auch mindestens eine weitere bewegen. Denn Blende 11 lässt doppelt soviel Licht in die Kamera, wie Blende 16. Das muss ausgeglichen werden, indem man zum Beispiel die Verschlusszeit auf 1/200 s anhebt oder die Lichtempfindlichkeit auf ISO 50 absenkt. Dazu gleich mehr.


Die Sunny-16-Regel in der Praxis anwenden

Um die Sunny-16-Regel sinnvoll zu nutzen, musst du nur drei Schritte beherrschen:

1. Helligkeit der Szene bestimmen

Zunächst wird die Blende entsprechend der Lichtsituation gemäß der nachstehenden Tabelle eingestellt.

Die Regel basiert auf typischen Lichtbedingungen. Je weniger Sonne, desto weiter öffnest du die Blende (kleinere Zahl).

2. ISO festlegen

Typische Werte: Digital meist ISO 100 oder 200. Bei analogen Filmen ist der Wert vorgegeben.

3. Verschlusszeit festlegen

Die einzustellende Verschlusszeit orientiert sich an der Filmempfindlichkeit. Sie ist gleich ihrem Kehrwert. Haben wir einen ASA-100-Film eingelegt (bzw. an der Digitalkamera eine Filmempfindlichkeit von ASA 100 bzw. ISO 100 eingestellt), dann wird die Verschlusszeit auf 1/100 Sekunde gestellt (oder auf den nächstgelegenen Wert, sofern keine 1/100 Sekunde existiert, z.B. 1/125). Bei ASA/ISO 200 entsprechend eine Verschlusszeit von 1/200 Sekunde.

4. Auch andere Verschlusszeit-/Blendenkombinationen sind möglich

Viele verschmähen diese Regel mit dem Argument, sie würden auch gerne mal mit anderen Blenden bei Sonnenschein fotografieren, also beispielsweise mit f/5.6 oder sogar noch weiter auf. Daher käme diese Regel für sie nicht in Betracht. Wer aber so argumentiert, hat die Grundsätze der Fotografie noch gar nicht begriffen. Denn an dem Belichtungsdreieck kommt nunmal niemand vorbei! Auch keine Automatik! Die Sunny-16-Regel ist daher auch weniger eine Empfehlung, sondern vielmehr Beschreibung physikalischer Zusammenhänge.

Natürlich muss niemand „immer mit Blende 16 bei Sonnenschein“ fotografieren. Dass weiß auch die Sunny-16-Regel. Sie liefert aber nun mal eine „gültige“ Belichtungskombination von „ISO100, 1/100 Sekunde, f/16“ als eine Art Starpunkt. Natürlich lässt sich dieses Ergebnis jederzeit im Sinne des Fotografen abändern. Wer allerdings an einer der Schrauben dreht, muss auch zumindest an einer weiteren drehen. Würde die Blende zum Beispiel um 3 Werte von Blende 16 auf 5.6 geöffnet werden (zunächst 11, dann 8, schließlich 5.6), käme 3x mehr Licht auf den Sensor und das Bild würde zu hell. Um dies auszugleichen, könnte zum Beispiel die Zeit um drei „Blendenwerte“ nach oben korrigiert werden, also von 1/100 auf 1/800, denn die Kombination „ISO100, 1/800 Sekunde, f/5,6“ entspricht von der Lichtmenge her, die in die Kamera gelangt. jener mit „ISO100, 1/100 Sekunde, f/16“. Die Kombination „ISO50, 1/400, f/5,6“ ebenso. Oder auch „ISO200, 1/1600, f/5,6“. Alles kein Problem…


Warum die Sunny-16-Regel auch heute sinnvoll ist

Viele Fotoprofis nutzen die Regel noch heute, um Belichtungswerte schnell und zuverlässig einzuschätzen.

Trotz moderner Belichtungsautomatik bleibt die Sunny-16-Regel wertvoll, weil sie hilft:

• Belichtungssituationen schneller einzuschätzen

• beim Fotografieren mit alten Kameras ohne Messung

• Gegenlichtsituationen richtig zu belichten

• ein Gefühl für Licht und Belichtungsdreieck zu entwickeln

So, nun viel Spaß mit den ersten Versuchen, die Sunny-16-Regel umzusetzen!


Zur Übung: Mal die Blendenautomatik nutzen

Daher eine Übungshilfe: Stellt die Kamera zu Übungszwecken mal auf Blendenautomatik, wählt eine Verschlusszeit entsprechend dem Kehrwert der Filmempfindlichkeit und zielt Motive in einem mittleren Grauton an (hierfür eignen sich sehr oft die Fahrbahndecken, weniger Wohnhäuser und Baumgruppen). Gerne auch mal mal bei Wolke vor und Wolke neben der Sonne testen. Zielt immer schön auf die graue Fahrbahndecke und beachtet die Blende, die jetzt automatisch vom Belichtungsmesser errechnet wird. Sie wird die oben genannten Werte haben bzw. nur leicht abweichen! Dies ist eine gute Methode, sich mit der Sonny-16-Regel vertraut zu machen.

Hält man sich an die Vorgaben, wird man kaum ein Bild so richtig verhauen. Es sollte genug Spielraum vorhanden sein, um die Belichtung am Rechner (digitale Fotografie) oder beim Vergrößern (analog) auf einen Wert zu korrigieren, welcher subjektiv als „richtig“ empfunden wird. Mit „richtig“ und „falsch“ ist das sowieso kompliziert. Bei Abweichungen um nur eine halbe Blende liegt dies eher noch im Bereich des persönlichen Geschmacks.


Sunny-16-Regel-Tabelle und Gegenlicht

Bei Gegenlicht kann es schon mal passieren, dass die Automatik falsche Belichtungen errechnen. Mit unserer Regel ist das allerdings kein Problem. Denn sie gilt in gleicher Form bei direktem Gegenlicht, wenn man in die Sonne fotografiert. Also: Keine Scheu, auch mal die Sonne direkt mit ins Bild zu bringen. Zu große Kontraste lassen sich mit einem Aufhellblitz meistern.


Meine persönliche Präferenz

Meine Erfahrung bei Sonnenlicht ist, dass Blende 16, so wie vorgesehen, zwar für Motive bzw. Situationen geeignet sein mag, die sich komplett im Licht befinden, aber nicht für solche mit größeren Schattenpartien im Bild. Dann wirkt das gesamte Bild nämlich schnell zu dunkel. Denn aufgrund der kräftigen und scharfkantigen Schatten erkennt der Betrachter intuitiv, dass es sich um eine sonnige Szene handelt und erwartet, dass sich diese „Sonnenscheinflut“ auch im Bild wiederspiegelt, was Blende 16 allerdings verhindert. Daher beginne ich bei sonnigen Szenen eigentlich gerne bei Blende 11, was in der Regeln zu dem gewünschten „Sonnenscheineffekt“ in den Bildern führt.

Nach ein bisschen Übung werdet ihr ein Gefühl für die zu wählende Blende entwickelt haben und bei künftigen Blicken aus dem Fenster Dinge denken wie: „Oh, Blende-11-Wetter!“

Das ist dann der Zeitpunkt, ab dem sich eure Fotografie verändern und verbessern wird.


Fazit: Sunny-16-Regel in der Praxis

Die Sunny-16-Regel in der Praxis ist eine einfache, zuverlässige und schnelle Methode, um Belichtungswerte bei Tageslicht zu bestimmen. Sogar bei Gegenlicht! Wer diese Regel beherrscht, fotografiert bewusster und ist weniger von der Automatik der Kamera abhängig – egal ob digital oder analog.

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